"Die Plattenlabels raufen sich die Haare, aber es ist bereits zu
spät. Die Technologie, welche die gesamte Plattenindustrie
umkrempeln wird, ist schon da, und bereits in den 'falschen'
Händen: denen des Volkes."
Also schrieb ich im Jahre 1998 für G+J. Inzwischen wird
auch die Kinoindustrie von der einfach bedienbaren, kostenlosen, und
inzwischen sogar legalen DVD nach CDROM-Umkodierungssoftware
bedroht - Dabei kommt gerne das berüchtigte DivX;-)-Format zum Einsatz, welches nichts anderes
ist als MPEG4-Video kombiniert mit MP3-Audio. Die erste Version davon entstand
einst aus modifizierten MS-Treibern, ist aber inzwischen neu geschrieben und
vollkommen legal, sogar für
Linux, Mac, BeOS, ja sogar Amiga erhältlich.
Aber diese Website handelt von MP3, also hier der
Stand Mai 2002 in Sachen MP3:
"MP3, eigentlich
MPEG
Audio
Layer
III,
wird nicht das letzte
Musikdateiformat sein, aber es ermöglicht schon
heute, eine Musiksammlung von 13 Audio-CDs auf eine einzige CD-ROM zu bringen,
da eine Minute Musik in CD-Qualität lediglich einen Megabyte
Speicher benötigt.
Technische Details."
Image courtesy of Dan Forrest probably.
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Diese Aussage bezieht sich auf die populäre Bitrate "128", welcher
leider auf keinen Fall mehr zu empfehlen ist und ganz gewiss nicht
"CD-Qualität" darstellt. 128 kann für synthetisierte Musik
ausreichen, das trifft auf dancefloor techno meistens zu, aber auch auf
Kraftwerk. Bei Gitarrenmusik erkennt man nach etwas Übung schon bald
die unangenehmen akustischen "Schlieren", die sogenannten Artefakte.
Selbst 160 kbps können manchen Gesangspassagen nicht gerecht
werden, während 192 kbps schon am Plattenplatz nagen. Und dann heisst es,
dass man erst ab 256 kbps von "CD-Qualität" sprechen kann. Nur wer genau
weiss was er tut, sollte noch statische mp3s erzeugen. Wer
möglichst wenig Sorgen damit haben will, für den lautet
heutzutage die vernünftige Empfehlung:
MP3s sollte man in variabler Bitrate (VBR) encoden!
Da wird die Bitrate im Laufe der Datei fortwährend verändert und
automatisch an die Komplexität einer musikalischen Passage angepasst.
Man spart also
Plattenplatz nur an den einfachen Stellen des Songs während die
schwierigen Partien hochbittig gecoded werden - bis zu 320 Kilobit
pro Sekunde. Das leuchtet doch ein, dass das besser sein muss.
Und manche Audio-Profis
teilen diese Ansicht, sie haben sogar Frequenzanalysen angestellt und
die Abweichungen der Wellenformen vom Original gemessen - VBR ist
viel näher an der CD dran als vergleichbar grosse statische Dateien (CBR)
oder ABR (eine Variante von VBR bei der man einen Durchschnittsbitratenwert
"erzwingen" kann, zur Zeit nicht empfehlenswert).
Software zum Erstellen solcher Musikdateien gibt es bei den
Erfindern
des Formats. Inzwischen ist jedoch allgemein anerkannt, dass der freie
LAME-Encoder die beste bekannte
MP3-Qualität erzeugt. Ganz in Internet-Tradition ist diese Software auch
noch kostenfrei open source. LAME ist allerdings nur eine "Engine" welche
den Kodierungsjob erledigt. Programme, die dem Benutzer eine einfache Handhabung ermöglichen gibt es
in riesiger Auswahl, und viele ermöglichen zusätzlich das Extrahieren der
Musikdaten von Audio-CDs, welches auch keine einfache Aufgabe ist, da
Audio-CDs an sich nicht dafür konzipiert waren perfekt digital extrahiert
zu werden. Wer mit einem der Produkte aus
Redmonds napoleonischen Monopolschmiede geschlagen ist, wird in
CDex ein wertvolles Werkzeug finden
zum Umwandeln von CDs nach MP3.
Ganz wichtig dabei ist jedoch die Encoderoptionen umzukonfigurieren:
Die Einstellungen zur optimalen MP3 Codierung können phänomenal
kompliziert sein, deshalb hat sich ein Herr mit Spitznamen
"r3mix" eine gleichnamige
Voreinstellung ausgedacht, welche auf jeden Fall CD-Qualität garantieren
soll. Sie entspricht in etwa VBR Level 1 mit vielen kleinen
Extra-Einstellungen. Die Dateien werden in der Regel etwas groß,
wer's kleiner braucht kann sich tiefer in die Materie begeben.
Die folgenden Absätze tun das:
Manuelle Konfiguration eines brauchbaren MP3-Encoders.
Unbedingt VBR einschalten! VBR-Qualität wird in 9 bis 0 abwärts zählend
bezeichnet, wobei 0 die Beste ist. Je nach Einstellung werden die Dateien
mikroskopisch bis gigantisch. Schon ab Level 6 sind die resultierenden
MP3s in der Regel brauchbar. Natürlich kann es auch mal bereits mit 7 gut
klingen - ich verwende 7 oder 8 für meine
Web-Download-Dateien, die
sind dann schön klein und gerade noch gut anzuhören. In anderen hartnäckigen
Fällen habe ich schonmal Stücke auf Level 3 codiert, weil 4 noch ganz knapp
imperfekt war. Na, spätestens bei diesen Qualitätsstufen ist es eine sehr
subjektive Angelegenheit, und eine Frage von Übung und Gehör, ob man
überhaupt noch Unterschiede erkennen kann. Wer einfach auf Nummer sicher
gehen möchte, nehme Level 5 oder 4. Man kann sich ja auch nicht dauernd
die Zeit nehmen ganz genau hinzuhören.
Das Eingabefeld in dem üblicherweise die herkömmliche Bitrate
eingestellt wird, leider meistens auf 128 voreingestellt, hat bei
VBR-Codierung eine andere Bedeutung, es stellt die Mindestbitrate
dar. Entgegen vieler anderslautender Dokumentation ist es absolut sinnvoll hier
die Mindesteinstellung von 32 zu wählen, das hat nämlich nur zur
Folge, dass Stille im Musikstück die Datei kaum anwachsen lässt. Solange Musik
zu hören ist, kommt der Encoder niemals auf so kleine Bitraten.
Wenn man nach dieser Methode mp3s erzeugt, kann auch die alte
Behauptung wieder stimmen: ein VBR 6 verbraucht ungefähr 1 Megabyte
pro Minute Musik, ist aber ungleich besser in der Qualität gegenüber
einem 128er mp3.
Es gibt noch ganz viele kleine Detailoptimierungen wie man noch
bessere mp3s erzeugen können kann, ich schalte etwa gerne einen
Lowpass-Filter "--lowpass 19" zu um Höhen bis zu 19 kHz zu
erhalten. Aber die Meinungen
über die Tauglichkeit vieler Einstellungen sind noch vielfältiger.
Letztendlich ist man mit VBR so oder so im grünen Bereich,
ausser man übertreibt es mit den Einstellungen absichtlich.
Wer wirklich dauernd Einstellungen wechselt je nach Musikmaterial ist
mit RazorLame geholfen,
weil es diese in einzelne fertige Konfigurationen speichert.
Wer's stattdessen gerne unkompliziert mag, ist mit
winLAME besser
bedient. Es versteckt den Wust an Einstellungsmöglichkeiten und bietet
stattdessen die offiziellen LAME-Voreinstellungen, bei denen tatsächliche
CD-Qualität schlicht mit "standard" bezeichnet wird. Also einfach Dateien
hineinwerfen und hinten kommt Top-Qualität heraus.
Weiterer Pluspunkt: mit winLAME kann man Mixes und Alben mit
fliessenden Songübergängen korrekt in mp3 umcodieren, also ohne den
sonst unvermeidlichen Knacksern. Dazu Bedarf es nämlich besonderer
Unterstützung von LAME's "--nogap" Option. Das macht winLAME aber
einfach in dem man statt standard "standard (nogap)" anwählt.
Anschliessend die Dateien in ein unkomprimiertes Zip stecken (kann
jedes Zip Programm) oder einfach zusammenkonkatenieren und fertig ist das
mp3-Album, welches man bei Bedarf wieder in Einzelstücke trennen kann.
Eine Stunde Musik ist dann um die 70 megabyte groß und
macht Spaß.
Unter Unix verwende ich mein eigenes perlscript
ripncode, welches manches besser und
manches schlechter macht als
andere Programme.
Ganz besonders die Inexistenz der Liedernamenerkennung beim Extrahieren von CDs
ist nicht mehr zeitgemäß. Aber für
Mac und
Linux/Unix gibt es ja die oben bereits verlinkte Liste von LAME-Programmen.
Die Einstellungsempfehlungen sind dieselben wie für CDex.
Wenn zum Eigenbedarf Musik von einer CD auf die Festplatte überspielt
werden soll, muß diese zuvor "gerippt"
(Unix: cdda2wav aus cdrtools ·
cdparanoia;
Win:
cdex ·
eac;
Mac;
mehr)
werden.
Normalisieren, wenn ja wann?
Besonders ältere Audio-CDs könnte man nach dem Extrahieren vor der
Kodierung normalisieren wollen (auf eine einheitliche Lautstärke bringen
mit modernen CDs und den daraus erzeugten MP3s).
Die Brachialmethode ist es, diese auf 98% hochzurechnen - das bedeutet, dass
die lauteste Stelle des Musikstückes auf maximale Lautstärke gerechnet wird, und alles andere sich dem anpasst. CDex bietet diese Funktion an.
Feinschmecker stellen aber fest, dass die Stücke subjektiv menschlich gehört
überhaupt nicht gleich laut wirken. Schlauere Normalisierungsmethoden
sorgen dafür, dass die Durchschnittslautstärke einheitlich ist - ich
verwende typischerweise 60%. Eventuell wird die Musik zu dem Zweck in
ihrer Dynamik komprimiert so wie es im Radio üblich ist. Jedem klassischen
Musiker stehen dabei die Haare zu Berge.. Geschmackssache letztendlich.
"normalize" ist
ein kleines Unix-Programm dessen Autor sich wahnsinnig viele Gedanken
gemacht hat zum subtilen Problem der perfekten Normalisierung, nachzulesen
auf der Website. Ich musste leider aber feststellen, dass es nicht das tut
was ich wollte, also blieb ich hängen beim kommerziellen Windows-Programm
AudioGrabber.
Es versteckt schlaue Normalisierung hinter dem "Advanced"-Knopf, auch in der
kostenfreien Version.
Mehr Theorie gibt es hierzu vom renommierten Musikinstrumentehersteller e-mu.
Vielleicht sollte man letztendlich gar nicht mehr vor der Erstellung der MP3s
normalisieren, sondern erst bei der Zusammenstellung einer CD aus
unterschiedlichen Musikstücken, sowie mittels eines MP3-Players welcher beim
Abspielen der Musik die Lautstärke anpasst.
Ich habe mich inzwischen gegen Normalisierung entschieden - allzu leise CDs
aus alten Zeiten nutzen in Wirklichkeit die Dynamik der CD viel besser aus
als die modernen, welche gnadenlos auf maximale "Loudness" ausgelegt sind.
Die MP3s sollten lieber möglichst nah am Original bleiben, das Abgleichen
der Lautstärkeunterschiede lässt man dann von einem smarten MP3-Player machen
(siehe unten), oder man wendet die Normalisierung erst kurz vor der Erstellung
einer Audio-CD an. Oder man mastert sämtliche Stücke nochmal, aber damit
verlassen wir eindeutig den Aktionsradius des Hobbyisten.
MP3s im Netz aufstöbern und anhören.
Viele Underground-Musiker
bieten ihre Werke im praktischen MP3-Format direkt im Internet an. Und
sonst deckt man sich eben mit den berüchtigten File-Sharing-Programmen ein.
Um mp3s in brauchbarer Qualität rauszufischen sollte man möglichst ein VBR
rausfischen - die erkannt man daran, dass
sie meistens eine "ungerade" Bitrate haben. Die geraden Bitraten sind 32 40 48 56 64 80 96 112 128 160 192 224 256 320.
Anschliessend kann man sie mit einem der
zahlreichen
Abspielprogramme anhören.
Unter Windows habe ich eine Schwäche für SqrSoft® Advanced Crossfading entwickelt, welches hübsche gemixte Übergänge zwischen den Liedern
macht - wie im Radio, nur ohne Werbung. Dabei ist es schlauer als die meisten
anderen Automatik-Deejays, weil es den richtigen Moment abpasst für einen
angenehmen Übergang. Das Ding arbeitet mit
WinAMP.
Unter Linux gibt es zuviel, da fange ich gar nicht erst an. Ich selbst
verwende nach wie vor meinen psycmp3.
Zum Thema mixen mit mp3s schreibe ich nichts, da ich inzwischen digital DJing nur noch mit mindestens CD-Qualität mache, oder gleich mit Vinyl, weil's Spaß macht.
Im Jahre 1998 schrieb ich..
"Meine Prognose an die Plattenindustrie: Die fetten Jahre sind bald
vorüber - langfristig wird der Preis einer typischen Musik-CD unter
die 10.- DM Grenze fallen müssen um Akzeptanz beim Kunden zu finden."